IN ERDE

Drei symphonische Skizzen zum Moor.
5.1-Surround-Installation.

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„Die meisten Leute haben das Wesentliche nicht begriffen. Es gibt keine Stille.“
(John Cage)
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Landschaften.

Landschaft als Thema hat eine lange Tradition in den verschiedenen Künsten und fasziniert auch heute noch immer wieder. Viele Umsetzungen und Darstellungen aus der Geschichte der Malerei, aber auch aus der Literatur und der Musik belegen dies. In der Klangkunst ist es vor allem die Form der Soundscape, der Klanglandschaft, in der diese Darstellung und künstlerische Umsetzung mit rein akustischen Mitteln geschieht.
Was macht das Thema Landschaft heute immer noch so interessant? Was ist es, das bei Spaziergängen fasziniert, welche Motive stehen hinter der Annäherung an eine Landschaft? Welche Funktionen hat dieses Thema für den Einzelnen?
Genau diesen Fragen geht die Arbeit IN ERDE nach.
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Formen des Nichts.

Eine besonders faszinierende Landschaft ist das Moor. Es ist ein Raum der Extreme, der vor allem das nordwestliche Niedersachsen, vor allem die Region um Oldenburg herum jahrhundertelang in ihrem Charakter geprägt hat. Ein extremer Raum nicht nur im streng naturwissenschaftlichen Sinn, sondern auch aus rein künstlerischer Perspektive: zum einen in der sehr ambivalenten Wirkung, die das Moor immer noch und immer wieder auf seine Besucher ausübt und zum anderen in dem äußerst minimalistischen Charakter, den diese Landschaft trägt.
Wie lässt sich demnach eine Landschaft akustisch darstellen, die zunächst einmal vor allem durch die Abwesenheit von Klängen, durch ein Gefühl des Nichts, durch Stille charakterisiert ist? Die Leere einer Landschaft wird zum Unsichtbaren in der Malerei, der Stille in der Musik und dem Schweigen im Hörspiel… Eine akustische Auseinandersetzung mit dem Moor ist daher immer auch gleichzeitig ein Versuch der Darstellung des nicht Darstellbaren.
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Suche.

Eine dominante Landschaft prägt eine Region, die Region prägt die Menschen, die seit langem in ihr leben, färbt den Klang ihrer Sprache. Sprache wiederum, die regionalen Dialekte sind damit ein Teil von Landschaft. IN ERDE folgt genau diesem Ansatz und setzt daher das Plattdeutsch der Region um Oldenburg in eine direkte Verbindung zum Moor.
Auf dieser Ebene erweitert sich dadurch die Auseinandersetzung mit Landschaft plötzlich zu einer Annäherung an die Region Oldenburg. IN ERDE ist als Stück deshalb auch der Prozess der Aneignung dieser Umgebung als Lebensraum, es ist das Vordringen zum Wesen, zum Charakter dieser Region und damit auch die Frage nach dem eigenen Zuhause, nach einer möglichen Form von Heimat und ihrer Funktion.
In genau diesem Punkt knüpft IN ERDE thematisch an sein Vorgängerstück ABSATZ an. Nur schlägt es bei gleicher Fragestellung genau die entgegengesetzte Richtung ein. Stellt sich in ABSATZ die Frage nach der Funktion von Heimat in der Annäherung an die eigene Wohnung, das eigene Zuhause, so ist es bei IN ERDE die gleiche Frage in der Annäherung an eine Landschaft des eigenen Lebensraumes.
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Verbindungslinien und Strukturen.

Musik? Hörspiel? Soundscape? Wie lässt sich das Stück beschreiben? IN ERDE bewegt sich formal bewusst in der Schnittmenge zwischen diesen drei Polen und nutzt sowohl die akustischen Mittel des einen als auch die Darstellungsweisen des anderen. Diese Offenheit resultiert vor allem auch aus der Tatsache, dass die künstlerischen Vorbilder für IN ERDE ebenfalls aus den unterschiedlichsten Gattungen stammen. Einflüsse kommen zum Teil aus der Malerei, der Literatur, der Musik sowie aus der Klangkunst. Als Hintergrund zu IN ERDE treten hier zum Beispiel die Moorbilder des Oldenburger Malers Gerhard Bakenhus (1860-1939) neben die Farbradierungen von Horst Janssen (1929-1995), die Musik von Claude Debussy (1862-1918) neben die von Brian Eno (*1948) oder Gavin Bryars (*1943) …

Von alledem finden sich Spuren in IN ERDE wieder. Und doch versteht sich das Stück als Ganzes weder als reine Landschaftsmalerei mit akustischen Mitteln noch als Musikstück, Hörspiel oder Soundscape. IN ERDE ist von allem ein wenig… oder etwas ganz anderes.

 

Ausschnitte aus IN ERDE hören:

Das Stück besteht aus drei akustischen Bewegungen, die den Gang in die Landschaft dokumentieren und hat eine Länge von 22’26“ Minuten. Die drei thematischen Abschnitte sind bezeichnet mit:

Erste Bewegung: Annäherung
Zweite Bewegung: In Erde
Dritte Bewegung: Fuit Lux
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Ausschnitt 1 ist Teil der ersten Bewegung „Annäherung“ und setzt bei Minute 7 des Stückes ein.

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Ausschnitt 2 steht am Anfang der zweiten Bewegung und setzt bei Minute 11 ein.

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Ausschnitt 3 ist ebenfalls Teil der zweiten Bewegung. Er markiert Minute 14 des Stückes.

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Ausschnitt 4 ist Teil der dritten Bewegung bei Minute 19 des Stückes IN ERDE.

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Die Chorpassagen in dem Stück wurden gesungen vom Trinitatis Chor Hamburg-Altona unter der Leitung von Jörg Mall.

Übertragungen ins Plattdeutsche: Günter Kühn.

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IN ERDE wurde als Surround-Installation vom 27.8. – 5.9.2004 im Rahmen der Ausstellung „Still!“ im Edith-Ruß-Haus für Medienkunst Oldenburg präsentiert.

Außerdem wurde die Arbeit am 23.4.2005 im Rahmen des vom Forum Klanglandschaft FKL ausgerichteten Symposiums „Klänge, Macht und Landschaft“ an der Universität Potsdam installiert.

Vom 6.10. – 15.10.2006 war IN ERDE außerdem als Installation in einer Stereovariante im Rahmen des Festivals PLATTArt – Neue Niederdeutsche Kultur zu sehen und zu hören. Ort der Installation war die Kulturetage Oldenburg.