Schattengebete

Hörspiel.

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Zentrale Figur dieses Hörspiels ist der Nationalsozialist Hans Frank (1900-1946).

Der promovierte Jurist Hans Frank war in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zunächst Rechtsbeistand Adolf Hitlers und machte aufgrund seiner Prozesserfolge für die NSDAP schnell Karriere innerhalb der Partei.
1939 wurde er schließlich von Hitler zum „Generalgouverneur für die besetzten polnischen Gebiete“ ernannt (später nur noch als Generalgouvernement bezeichnet). Amtssitz des Generalgouverneurs war die Wawel-Burg in Krakau.
In Franks Amtszeit von 1939 bis 1945 fielen unzählige Verbrechen von schwer vorstellbarem Ausmaß (die Errichtung jüdischer Ghettos, Verschleppung hunderttausender Polen als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich, Säuberungsaktionen, öffentliche Hinrichtungen …).
In den letzten Kriegstagen wurde Frank schließlich von den Amerikanern in Bayern entdeckt und festgenommen, nach Nürnberg verbracht und dort im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess zusammen mit Nazi-Größen wie Hermann Göring, Rudolf Hess und Joachim von Ribbentrop angeklagt. 1946 wurde er dort zum Tode durch den Strang verurteilt.
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Materialien und Dokumente.

„Schattengebete“ nähert sich über verschiedene, geschichtlich genau belegte Zeugnisse (z.B. über das Protokoll des Nürnberger Prozesses, die dokumentierten Gespräche mit dem Gefängnispsychologen G.M. Gilbert, sowie Franks Diensttagebücher als Generalgouverneur, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen) der Person des Hans Frank und zeichnet ein Bild dieser „gebrochensten Erscheinung innerhalb der nationalsozialistischen Führungsspitze“ (Joachim C. Fest).
Hans Frank war auf der einen Seite bekannt als einer der schärfsten Redner im Dritten Reich („Wir dürfen nicht zimperlich sein, wenn wir die Zahl von 17000 Erschossenen hören…“) und trat auf der anderen Seite in Nürnberg als einer der wenigen Angeklagten auf, die mehrfach ihre Schuld bekannten („Tausend Jahre werden vergehen und diese Schuld nicht von Deutschland nehmen“). Während des Prozesses konvertierte er schließlich zum gläubigen Katholiken.
Frank war damit ein schwer fassbarer, sehr ambivalenter, gebrochener und in seinem Verhalten rätselhafter Charakter innerhalb des nationalsozialistischen Systems. Allerdings werden gerade an ihm und durch ihn auch einige der grundlegenden Mechanismen zwischen Individuum und System deutlicher erkennbar, die den Nationalsozialisten so lange die uneingeschränkte Macht in Deutschland sicherten.
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Umsetzungen im Hörspiel.

Neben diese sprachliche Ebene, dieses Textmaterial, tritt als Entsprechung im Geräusch (und damit auch als Entsprechung im Ort) die surreal anmutende Kulisse der Ruine des ehemaligen U-Boot-Bunkers „Valentin“ in Bremen-Farge. Ein gewaltiger Koloss aus Stahl und Beton von fast 500 Metern Länge, in dem der unmenschliche Größenwahn des NS-Regimes noch heute hör- und spürbar wird. Die kalt-beklemmende Atmosphäre der Bunkerruine steht im Hörspiel neben den ebenso verstörenden Facetten des Charakterbildes von Hans Frank.
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In „Schattengebete“ leiht der Schauspieler und Theatermacher Dieter Hinrichs vom Oldenburger theater hof/19 der Person des Hans Frank seine Stimme.

Die Geräuschaufnahmen für die Atmosphäre der Hörspielszenen im Sitzungssaal der Wawel-Burg in Krakau wurden im sogenannten „Stracksaal“ des Oldenburger Schlosses aufgenommen.

Das Hörspiel „Schattengebete“ hat eine Länge von 70’13“ Minuten.
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Hören Sie drei Ausschnitte aus dem Stück:

Ausschnitt 1 ist die Anfangssequenz des Hörspiels. Der Ausschnitt endet mit einer ersten Sitzung des Generalgouverneurs Hans Frank in Krakau:

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1946 wurde Frank in Nürnberg zusammen mit der verbliebenen politischen Führungselite des NS-Regimes vor Gericht gestellt und angeklagt. In Ausschnitt 2 hören Sie zwei Szenen, die in diese Zeit fallen:

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Ausschnitt 3 beginnt mit einem kurzen Auszug aus dem Diensttagebuch des Generalgouverneurs in Krakau und wechselt dann über in eine Szene in Franks Gefängniszelle 1946 in Nürnberg:

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Literatur:

Dokumente und Literatur zu Hans Frank:

  • Werner Präg und Wolfgang Jacobmeyer (Hrsg.): Das Diensttagebuch des deutschen Generalgouverneurs in Polen 1939-1945. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1975.
  • Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg: Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Vom 14. November 1945 – 1. Oktober 1946. Komet Verlag 2000.
  • Hans Frank: Im Angesicht des Galgens. Deutung Hitlers und seiner Zeit auf Grund eigener Erlebnisse und Erkenntnisse. Eigenverlag Brigitte Frank 1955.
  • Hans Frank – Kopie eines Gewaltmenschen. In: Joachim C. Fest: Das Gesicht des Dritten Reiches. R. Piper Verlag 1994.
  • Christian Schudnagies: Hans Frank. Aufstieg und Fall des NS-Juristen und Generalgouverneurs. Verlag Peter Lang 1989.
  • G.M. Gilbert: Nürnberger Tagebuch. Gespräche der Angeklagten mit dem Gerichtspsychologen. Fischer Taschenbuch Verlag 1987.
  • Niklas Frank: Der Vater. Eine Abrechnung. Wilhelm Goldmann Verlag 2005.
  • Niklas Frank: Meine deutsche Mutter. Wilhelm Goldmann Verlag 2006.

Quellen und Literatur zum U-Boot-Bunker „Valentin“:

  • Rainer Christochowitz: Die U-Boot-Bunkerwerft „Valentin“. Der U-Boot-Sektionsbau, die Betonbautechnik und der menschenunwürdige Einsatz von 1943 bis 1945. Donat Verlag 2000.
  • Internetseite zum U-Boot-Bunker „Valentin“ auf www.geschichtslehrpfad.de.
  • Internetseite zum U-Boot-Bunker „Valentin“ auf www.geschichtsspuren.de.